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DSS - Deutsche Schule Shanghai
(Stand dieser Seite: 12.10.03, das Bild zeigt dementsprechend die alte Deutsche Schule - die neue DSS befindet sich wie schon erwähnt in einem eindrucksvollen Neubau im Westen der Stadt, der zweite Neubau in Pudong ist mittlerweile auch in Betrieb)
In dem ein oder anderen Rundbrief sind kurze Schuleindrücke schon mal angeklungen. Da die Deutsche Schule aber der Hauptgrund ist, warum wir
eigentlich hier sind, es in unserem Bekannten- und Verwandtenkreis zudem noch nicht wenige Lehrer gibt, wollten manche doch gerne noch ein wenig mehr erfahren.
Zuerst ein paar Zahlen: Wir werden immer größer... Die DSS (Deutsche Schule Shanghai) besuchen derzeit rund 250 Schüler (in unserem ersten Jahr waren es 150, im zweiten 170). Sie sind verteilt
auf die Klassen 1 - 11. An die Schule angegliedert ist der Kindergarten mit über 100 Kindern. Die Teilungsgrenze in der Schule liegt bei 25 Kindern, so dass meine
Klasse mit 21 Kindern im Moment die größte Klasse ist - davon träumen wir an staatlichen Schulen in Deutschland nur - es ist eben eine Privatschule.
Abitur in Shanghai: Reifeprüfung für alle Beteiligten Im vergangenen Schuljahr hat die DSS das Anerkennungsverfahren für die Oberstufe abgeschlossen. Die Schule wird nun schrittweise bis zur
12. Klasse erweitert und ist dann auch für das Abitur prüfungsberechtigt. Wenn man bedenkt, dass (die drei) deutschen Schüler der 10. Klasse 2001/2002 zur mündlichen Abschlussprüfung nach Kuala Lumpur
ausweichen mussten und danach keine Möglichkeit hatten, ihre Schullaufbahn an unserer Schule fortzusetzen (außer sich freiwillig ein Jahr zurückstufen zu lassen, um dann erst dieses Jahr weiter gehen zu
können), sicher ein für alle Seiten sehr wichtiger Schritt. Und natürlich auch ein Pluspunkt gegenüber der Konkurrenz anderer internationaler Schulen in Shanghai - allein drei neue eröffneten in diesem Jahr.
Die DSS hat diesen Schritt zum Abitur außergewöhnlich schnell verwirklicht und vor allem genehmigt bekommen (was sicher mit an dem
boomenden Standort Shanghai liegt, aber auch an der vielen und guten Arbeit, die die Sekundarstufenlehrer in der Vorbereitung geleistet haben), was der DSS den Beinamen “Transrapid der Auslandsschulen”
eingebracht hat. 12-Jahresabitur bedeutet für die jetzigen Neunt- und Zehntklässler allerdings, dass sie in nur drei bis vier Jahren ein Jahr (die 13.Klasse)
aufholen müssen – spätere Generationen können damit dann ja schon ab der fünften Klasse beginnen. Ein echter Kraftakt der da ansteht. Außerdem hängt an der Oberstufe, wie schon angedeutet, ein großer
organisatorischer und finanzieller Aufwand. Wurde beispielsweise bisher in der Sekundarstufe klassenintern zwischen Realschul- und Gymnasialniveau differenziert, muss nun in Klasse 10, die schon zur
Oberstufe zählt, in einigen Fächern getrennter Unterricht angeboten werden, dann jeweils nur noch für ein mehr oder minder kleines Häufchen. Mit diesem Schritt ging hier an der Schule eine “Ära” zu Ende: Herr
Stanik, der diese Oberstufenerweiterung in die Wege geleitet und vorangetrieben hat, war, da er “nur” Grund- und Hauptschullehrer ist (durch seine Arbeit hier mittlerweile aber die Lehrbefähigung für`s Gymnasium
bis zu Klasse 10 erhalten hat), nicht berechtigt, eine Schule zu leiten, die bis zum Abitur führt. So war 2002/03 sein letztes Schuljahr in Shanghai. Der neue Schulleiter heißt Jürgen Schumann - ein Mann mit viel
Auslandserfahrung.
Eurocampus: Gemeinsam - oder doch alleinsam? Mit auf unserem Gelände, im Südwesten Shanghais gelegen, ist noch die Französische Schule, weshalb sich das Ganze auch “Eurocampus” nennt.
Das bringt zusäzliche Fördergelder und spart durch die gemeinsame Nutzung der Räumlichkeiten auch Geld. In der Praxis funktioniert das Ganze aber leider nicht so, wie man es sich vielleicht vorstellt. Obwohl wir
in Europa Nachbarn sind, haben wir doch unterschiedliche Schul- und Erziehungskonzepte (und seien es nur die unterschiedlichen Zeiten der Schulstunden von 45 und 55 Minuten, was für zeitversetzen Lärm auf den
Gängen und dem Pausenhof sorgt). Hinzu kommen sprachliche Hürden. Mittlerweile gibt es zwar immerhin eine gemeinsame Schulordnung (was schon ein wirklich schwieriger Schritt war), einige Feste werden
gemeinsam gefeiert, das Angebot an Arbeitsgemeinschaften ist für beide Schulen offen, und auch ein deutsch-französischer Ausschuss arbeitet an der Verbesserung der Situation. Tatsache ist aber bis jetzt, dass unser
Eurocampus wenig zur Völkerständigung beiträgt, sondern eher Vorurteile über “die Franzosen” und “die Deutschen” schürt. Schade, und manchmal kaum zu glauben, aber es ist im Moment so. Etwas
entmutigend ist auch, dass ähnliche Konzepte an anderen Auslandschulen bisher wohl noch nie wirklich gut funktioniert haben. Ein dabei nicht zu unterschaetzendes Argument mag sein, dass Kinder
und Lehrer, die in einem bei allen Schönheiten in vielen Dingen so befremdenden Land wie China leben, bzw. gerade bei den Kindern, leben müssen, keine echte Motivation haben ZUSÄTZLICH noch
innereuropäische Integrationsleistungen zu vollbringen. Da wäre es vielleicht vielversprechender, mit einer chinesischen Schule den Campus zu teilen. Das ist allerdings ein anderes Thema und steht aus vielen ernst
zu nehmenden Gründen nicht zur Debatte.
Schulneubau: Auf zu neuen Ufern! Der oben schon erwähnte Boom des Wirtschaftsstandortes Shanghai hat auch zur Folge, dass unsere Schule ständig wächst. So ist auch die Zeit
der Klassen mit nur drei Schülern vorbei. Die Schule platzt aus allen Nähten, und so sind zu Beginn des Schuljahres 2002/03 der deutsche und französische Kindergarten ausgezogen, in ein ehemaliges Wohngebäude
nur wenige Minuten von uns entfernt. Trotz dieser Auslagerung des Kindergartens kommt die Schule jetzt schon wieder an ihre Grenzen. Über die Sommerferien wurde ein Teil
des Schulgebäudes um eine Etage aufgestockt und auch die Kantine erweitert. Immer wieder erstaunlich, wie schnell solche Dinge hier realisiert werden können.
Dennoch, der Platz wird nicht mehr lange ausreichen. So steht, obwohl erst vor knapp sechs Jahren in die jetzigen Räumlichkeiten eingezogen,
ein Neubau an. Ein Grundstück ist nach langer Suche gefunden, und mittlerweile steht auch schon der Entwurf. Das Schuljahr 2005/06 soll dann schon am neuen Standort stattfinden. Obwohl viele der jetzigen
Lehrer dann wahrscheinlich nicht mehr an der DSS sein werden, lag und liegt die Planung bei uns. Wie so vieles hier - insbesondere mit dem
wirklich tollen architektonischen Entwurf - sehr interessant, aber neben dem “normalen” Unterrichtsgeschehen auch zusätzliche Arbeit. Es wird übrigens wieder ein Eurocampus... ;-).
Sportmöglichkeiten und -unmöglichkeiten Verbessern werden sich auf dem neuen Gelände sicher die Sportmöglichkeiten, die derzeit ein echter Haken an der DSS sind,
obwohl der Schulvorstand finanziell wirklich sein Möglichstes tut. Die Turnhalle ist ein langer, niedriger Schlauch. Auf dem Schulhof wurde nun zumindest der bisher betonierte Basketballplatz mit einem etwas
gelenkfreundlicheren Belag versehen und auf die doppelte Größe erweitert (auch wenn dies nicht, wie geplant, zum Schuljahresbeginn fertig war, der erste Belag wegen zu großer Hitze zunächst Blasen warf und
sich bei Regen große Wasserpfützen bildeten - Pfusch gibt es überall...). Mittlerweile ist der Platz jedoch nutzbar, die Hälfte davon mit einem Zelt überdacht , so dass auch bei Regen zwei Klassen gleichzeitig
Sportunterricht haben können . Böse Zungen behaupten, wir hätten auf dem Schulhof ein Bierzelt errichtet, und man muss tatsächlich zugeben, dass das Zelt seine Sternstunden bei Schulfesten erlebt. Leichtathletik ist
auf dem Schulhof nur sehr eingeschränkt möglich. Nach langer Suche haben wir nun ein Außensportgelände bei einer chinesischen Schule gefunden, das wir zeitweise anmieten können, und dessen Belag nicht
besorgniserregend belastet ist. Zum nächsten brauchbaren Schwimmbad kommen wir bei wenig Verkehr in ca. 15 Minuten, leider musste der Schwimmunterricht aber auch immer wieder langem Staustehen weichen.
Das alles kann bei einem Neubau der Schule nur besser werden, auch wenn ich selbst nicht mehr in den Genuss des Fertigen kommen werde.
Finanzierung: Zur Kasse bitte Finanziert wird die Schule, neben kleineren Anteilen vom Bund (für den Neubau gibt es natürlich zusätzliche Fördergelder) hauptsächlich durch
das Schulgeld, das die Eltern bzw. meistens die Firmen bezahlen, immerhin 12000 Dollar im Jahr (knapp halb so viel wie an der Amerikanischen Schule). Bei solchen Beträgen wird natürlich einiges
erwartet. Die Eltern sind hier eben nicht nur Eltern von Schülern, sondern noch direkter als in Deutschland über die Steuern auch unser Arbeitgeber. In der Praxis bedeutet das aber nicht, dass man unter
übermäßiger Kontrolle oder Kritik zu leiden hat. Für mich am deutlichsten spürbar ist eine gewisse Erwartungshaltung der Eltern, was das allgemeine Leistungsniveau, Förderkurse und sonstige Angebote angeht
(s.u.): Wer zahlt, schafft an. Aber dieses Problem kennen wir ja, in etwas abgeschwächter Form, auch von Deutschland, selbst ohne die Bezahlung von Schulgeld.
Angebot an der DSS: Sprachen, Computer und mehr Zum Thema Angebot: Die Grundschüler haben neben den üblichen Fächern vier Stunden Englisch die Woche, wohlgemerkt bei Native
Speakern und in mehrere Leistungsgruppen unterteilt, da manche schon von zu Hause einige Vorkenntnisse mitbringen. So waren letztes Jahr bereits Erstklässler in der Lage, während der Projektwoche an einer
jahrgangsübergreifenden Gruppe teilzunehmen, die ausschließlich in Englisch stattfand. So viel zum Thema Fremdsprachenfrühbeginn, der in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckt. Hinzu kommt eine Stunde
Informatik an den edlen Apple-ibooks (aktuell um die 50). An unserer Neu-Ulmer Schule gab´s gerade mal einen alten Rechner, auf Privatinitiative einer Lehrerin (hallo Elli)... . Das von einem ebenfalls sehr
engagierten Kollegen (der gleiche, der auch die Homepage der DSS pflegt) vorangetriebene mobile Informatikkonzept der Schule auf der Basis flexiblen Notebook-Einsatzes hat dann allerdings auch wirklichen
Modellcharakter und dem Kollegen eine Einladung zur Bildungsmesse nach Köln eingebracht. Bei der Lehrmittelbestellung am Ende des Schuljahres liegt ganz nach diesem Muster die Grenze hauptsächlich im
Sinn, selten in den Kosten - Gutes darf dann auch mal teuer sein . Religionsunterricht und religiöse Veranstaltungen darf es an der DSS übrigens nicht geben (stattdessen Ethik) - dies ist aber fast die einzige
Auflage des chinesischen Staates. Anders sieht es an der Deutschen Botschaftsschule in Peking aus, die als exterritoriales Gebiet gilt (was z.B. auch Hintergrund für die Flüchtlingsaktionen im Herbst 2002 in
Peking war: Durch den exterritorialen Status durfte die Schule von chinesischen Sicherheitskräften nicht einfach geräumt werden. Mit solchen Aktionen haben wir an der DSS-Shanghai dementsprechend
nicht zu rechnen - sie wären sinnlos). Zurück zum Angebot: Angesichts der kleinen Klassen, Ganztagesbetreuung, Theater, Chor, Band und anderen AG’s sowie
zusätzlichem Englisch- und Informatikunterricht verwundert es schon, wenn Eltern besorgt beim Schulleiter anrufen, dass einzelne Kinder immer noch zu wenig lernen würden. Begründungen, wie dass der
Französischwahlunterricht für die erste Klasse (i.e. die zweite Fremdsprache!!) nicht gleich in der ersten Schulwoche begann oder es in der Arbeitsgemeinschaft “...” ungehöriger Weise keinen Platz mehr gab,
sondern nur noch bei “...”, würden in Deutschland dann wohl nichtmals mehr auf mildes Lächeln stoßen, insbesondere wenn bekannt ist, dass die entsprechenden Kinder eh schon in der Freizeit weitergehende
Bildungsangebote wahrnehmen - um nicht zu sagen über sich ergehen lassen müssen... . Ehrgeiz ist hier ein wichtiges Thema. Die meisten Eltern sind selbst erfolgreich, und manche Kinder werden von klein auf
schon in die gleiche Richtung getrimmt. Zum Glück nur manchmal, ich hätte es in diesen Kreisen von General-Manager-Expat(riat)s wesentlich extremer und häufiger erwartet. Das Grundarbeitsklima ist schon ein sehr
gutes.
Kinder an der DSS: Wenn Deutsche deutsch lernen Die meisten Schüler der DSS sind erwartungsgemäß deutsche Kinder (was den Pass betrifft, aber durchaus auch Eltern verschiedener
Nationalitäten bedeuten kann), aber eben nicht alle. Es gibt auch einige Österreicher, Schweizer und Chinesen (letztere haben aber in der Regel die Deutsche Staatsangehörigkeit, ansonsten brauchen sie eine
Sondergenehmigung der Shanghaier Erziehungskommission) . Oft haben Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, zwar schon einige Zeit in Deutschland gelebt (manchmal jedoch auch nicht), beherrschen aber die
deutsche Sprache nur unzureichend. Dies ist Ausgangspunkt für unterschiedliche Bemühungen der Schule, für alle Schüler eine solide sprachliche Grundlage zu schaffen. Bis zum vergangenen Jahr
konzentrierte man sich dabei auf das Zusatzangebote: So wurde bis zur vierten Klasse Förderunterricht in Deutsch angeboten, und Deutsch als Fremdsprache für Kinder, die praktisch noch kein Deutsch konnten (in
letzterem Fall mussten sich die Eltern jedoch an den zusäzlichen Kosten beteiligen). Dass diese Förderstunden in Deutsch jedoch parallel zum
Englischunterricht liefen, stieß nicht bei allen Eltern auf Gegenliebe (als Zugeständnis gab es dann wieder für die betroffenen Kinder an einem Nachmittag Wahlunterricht in Englisch...). Die DSS vertrat dabei die
Position, dass eine solide erlernte Sprache notwendige Basis für den Fremdsprachenerwerb ist und es Auftrag einer Deutschen Auslandsschule ist ihren Schülern ausreichende Deutschkenntnisse für
eine Rückkehr ins deutrsche System zu ermöglichen.
Insgesamt war der alte Ansatz jedoch nicht letztlich befriedigend und so wird jetzt ein interessanter Anlauf mit einer kreativen Lösung genommen:
Team-Teaching. In bestimmten Stunden ist eine zweite Lehrkraft anwesend, die entweder für die Sprachschwächeren eine Brückenfunktion übernimmt - oder diejenigen in Einzelförderung nimmt.
Auch hier zeigt sich wieder das Potential solcher Auslandsschulen Modellfunktionen zu übernehmen und als Lehrer ist es natürlich toll, dabei dann mitgestalten zu können.
Der Förderunterricht soll insbesondere auch Kinder aus gemischten Ehen unterstützen, bei denen meist der Vater Deutscher, als Geschäftsmann
aber viel unterwegs ist. Was sprachliche Probleme nach sich ziehen kann. So ein deutscher Vater mag es natürlich, wenn seine Kinder auch Deutsch sprechen können - die “Vatersprache”. Ist die Mutter Asiatin, so
spricht sie in mit ihren Kindern aber ebenso natürlich lieber chinesisch (oder eine andere asiatische Sprache) - die “Muttersprache”. Sind die Kinder schon lange in Shanghai, erlernen sie zudem z.B. im Kindergarten
ggf. den “Heimatdialekt”: Shanghainese. Sind mal beide Eltern zu Hause, taucht als letztes Sprachverwirrungselement Englisch als “Mutter-Vater-Sprache” auf. So wachsen manche Kinder drei- oder
viersprachig auf, zum Teil aber mit der Konsequenz, dass sie keine Sprache richtig gut können (heißt das dann: vierfache Viertelsprachlichkeit???). Dafür also der Förderunterricht.
Schulalltag von Schülern: Lernen, essen, spielen und: Bus fahren!
Die DSS ist wie erwähnt eine Ganztagsschule, d. h. die Kinder können von 8 Uhr bis 15 Uhr betreut werden. Die höheren Klassen haben jeden
Nachmittag Pflichtunterricht. Aber auch in der Grundschule (mit Ausnahme der ersten Klasse) sind ein bis zwei Nachmittage üblich, dazu kommen am Donnerstag die freiwilligen Arbeitsgemeinschaften sowie
Sprachenunterricht als Wahlfach in Chinesisch, Englisch und Französisch. Wenn ein Kind keinen Nachmittagsunterricht hat, kann es entweder mittags nach Hause fahren (was aber nur wenige an einzelnen Tagen
machen) oder in die Nachmittagsbetreuung (Hausaufgabenbetreuung, Spiele, Basteln...). Um 15 Uhr beginnt das große Gewusel. Zusammen mit der Französischen Schule müssen über 400 Kinder in um die 20 Busse
verteilt werden, die die Kinder in die verschiedenen Compounds bringen sollen. Nach wie vor zeigen hierbei die deutschen und französischen Kindern weniger Disziplin, als das manch chinesischer Angestellter
gewohnt ist. Zu Disziplin und Chinesenkindern: In Xidi haben wir einmal eine supersüße Gruppe von Kindern wild durch eine Gasse rennen sehen. Als sie dann auf den Dorfplatz kamen, war es zwar kurz wie bei der
Karambolage der Elefanten im Dschungelbuch, aber dann standen - ohne dass weit und breit ein Lehrer zu sehen war - ganz schnell alle Dreikäsehoch ruhig in einer schönen Reihe... anders.
Zur mangelnden Disziplin der Unsrigen kommt, dass das chinesische Personal von den Schülern oft nicht als Autorität anerkannt wird. Für einige der Kinder sind die Chinesen nicht ihre Gastgeber, sondern billige
Arbeiter, mit einer Tendenz zum Diener. Ein fast kolonialistischer Blickwinkel, der hier bei manchen zu Tage kommt (und der durch die Gestaltung vieler Compounds in ausladendem Kolonialvillenstil mit
Säulen etc. pp., in denen die Familien mit mehreren chinesischen Hausangestellten leben zusätzlich unterstützt wird). Das hat denn mit kultureller Begegnung nur noch wenig zu tun. Hier besteht an der DSS
dringender Handlungsbedarf. Natürlich gibt es auch andere Beispiele. Die beiden Kinder einer Kollegin, beide im Kindergartenalter, lernen von ihrer Ayi chinesisch und
verstehen sich prächtig mit ihr. In manchen Familien hat die Ayi gar so etwas wie die Oma-Funktion übernommen oder werden Ayis Deutschlandaufenthalte ermöglicht – für eine einfache Chinesin so etwas
wie sechs Richtige im Lotto. Genug, wir waren beim Busfahren, und da kann die Situation Auslandsschule schon echte Härten produzieren: Ein Kind wohnte z.B.
40km außerhalb Shanghais, was eine Stunde Fahrzeit mit Privatchauffeur bedeutete. Stand dieser aber im Stau, musste der Junge auch mal bis um vier oder fünf Uhr warten, und hatte dann noch zwei oder drei Stunden
Staustehen bis daheim vor sich. Dass dieses Kind häufig sein Federmäppchen zu Hause vergaß (oder einmal sogar den ganzen Schulranzen), konnte man ihm unter diesen Umständen (12
Stunden-Tage...) gar nicht wirklich übel nehmen. Dieses Beispiel ist sicher ein Extrem, aber eben ein Denkbares. Und auch eine Stunde einfache Fahrzeit, die viele Kinder hier haben, würde man in Deutschland
Grundschulkindern in der Großstadt wohl selten zumuten - aber es gibt nun mal nur eine Deutsche Schule in der 15-Millionen-Stadt Shanghai. Wer den ganzen Tag in der Schule verbringt, hat natürlich auch mal
Hunger. Dafür gibt es eine Kantine (bezuschusst vom Schulverein), die in den Augen von uns Lehrern wirklich in Ordnung ist und eher europäisches
als chinesisches Essen anbietet. Manche Schüler (und leider auch einige Eltern) sehen das anders und bevorzugen statt Salat, einer Auswahl von zwei Hauptgerichten mit verschiedenen Beilagen und frischem Obst oder
anderen Nachspeisen eine Scheibe trockenen Baguettes (es lebe die französische Küche... ). Ob die dann umgerechnet 0,75 Euro (Unkostenbeitrag) wert ist, sei dahingstellt, das normale Essen ist es auf jeden Fall.
...und Lehrern: Gute Bedingungen - hohe Anforderungen So wie die Kinder von den Ayis, so werden auch wir als Lehrer von vorne bis hinten – auch von chinesischen Angestellten - bedient und verwöhnt:
Das Geschirr im Lehrerzimmer ist bis zum nächsten Morgen abgespült, die Tafel in der Klasse geputzt, für den Elternabend werden selbstverständlich zusätzliche Stühle die Treppen hochgetragen, und
irgendwann zwischen 22.00 und 7.30 waren die fleißigen Helfer aktiv und haben die gewohnte Sitzordnung wieder hergestellt. Natürlich ist es deren
Arbeit, aber ich finde es ist nur recht und billig und sie freuen sich sichtlich, wenn man dies nicht immer als selbstverständlich ansieht, sondern sich auch dafür bedankt – aber nicht zu viel, dann fühlen sich
Chinesen wohl unwohl – hat uns unsere Ayi gesagt: Sie ist Ayi und die Hausarbeit ist ihr Job! Unser deutsches “General-Danke” gibt es in China nicht. Danke heißt: “Das war was Besonderes!”
Zurück zum Thema Ganztagsschule. Für mich bedeutet das glücklicherweise nicht, dass ich jeden Nachmittag Unterricht habe, aber
dieses Schuljahr doch immerhin zwei Mal. Ich habe hier das gleiche Stundenkontigent wie in Deutschland. Bis zum letzten Schuljahr galt noch: abzüglich einer Unterrichtsstunde für die allwöchentliche Lehrerkonferenz,
die sich dafür allerdings auch Montag nachmittags (was faktisch mein dritter Nachmittag war) gerne mal so bis halb sechs hinziehen konnte. Die wurde samt Stundenabzug dann abgeschafft - allerdings war es zum
Schuljahresstart dann so, dass nur der Stundenabzug nicht mehr da war - Konferenzen gab es noch genauso viel - aber das hat sich jetzt eingependelt.
Vormittags haben die Kinder (und ich) jeweils nur fünf Stunden Unterricht (ich war bisher sechs Stunden gewohnt), weil die Schule wegen der zum
Teil doch weiteren Anfahrtswege (s.o.) erst um 8.15 beginnt.
Ungewohnt für mich war auch, dass ich nicht so viele Stunden wie möglich in meiner Klasse unterrichtete, sondern nur Deutsch, Sachunterricht,
Sport, Musik und Ethik. Die anderen Fächern wurden von anderen Lehrkräften unterrichtet, und so war auch ich mit Mathe, Sport und Förderunterricht Deutsch in anderen Klassen eingesetzt. Die Kinder
sollten damit nicht zu eng nur an eine Bezugsperson gebunden werden, da viele ja oft auch kurzfristig umziehen, zurück nach Deutschland oder in ein anderes Land gehen. Für mich bedeutete das, oft nur eine oder
maximal zwei Stunden am Stück in einer Klasse zu sein, dadurch weniger flexibel in der Zeiteinteilung zu sein, wie es an den meisten Grundschulen in Deutschland üblich ist.
Andererseits bräuchten Kinder ja vielleicht gerade in dieser fremden und unruhigen Situation in Shanghai etwas mehr Ruhe in der Schule - und so
ist auch diese Regelung der “Viellehrerschaft” mit diesem Schuljahr abgeschafft worden und so bin ich nun ein klassischer Klassenlehrer - nicht unglücklich darüber, aber es war interessant das andere erlebt zu
haben, z.B. mit viel mehr Kindern Kontakt zu haben und “herum zu kommen” in anderen Klassen - wo man auch Anregungen fand.
In welchem Modell auch immer, der Arbeitsumfang ist und bleibt deutlich höher als in Deutschland, insbesondere was terminlich gebundene Zeit
betrifft: Es wird erwartet, dass sich alle an zusätzlichen Aktivitäten beteiligt, wie eben Ausschüsse, Fachbereichstreffen oder einem Erste-Hilfe-Kurs. Hinzu kommen einige Feste und Sonderveranstaltungen
- alles natürlich am Nachmittag oder am Wochenende, so dass sich die Unterrichtsvorbereitung in den Abend verschiebt. Das ist nicht jeden Tag so und natürlich spart auch die Arbeit in den kleinen Klassen Zeit und
Energie. Und: wir können hier mehr mitgestalten (siehe Neubau der Schule, Verbesserung der Sportmöglichkeiten, Förderunterricht...), was schön ist, aber eben auch zusätzlichen Aufwand bedeutet.
Das Kollegium: 100 Punkte Bleibt noch ein letzter und glücklicher Weise erfreulicher Punkt: das Kollegium (von dem gibt`s übrigens dieses Jahr (noch) KEIN neues Foto
auf der Homepage der Schule - weil die Konferenz auf der dieses geplant war sich bis in den Abend zog und so ein Foto in der Nacht keinen wirklich überzeugte ;-)). Zusammen mit der stellvertretenden Schulleiterin
war ich letztes Schuljahr die einzige Vertreterin aus Bayern, nun ist noch ein Franke dazugekommen, ansonsten dominieren doch eher der Norden bzw. die neuen Bundesländer. Bis auf kleinere Verständigungsprobleme
(bei Worten wie Brotzeit oder Kruscht) hat das aber keine schwerwiegenden Folgen... Die Kollegen sind wirklich nett. Auf dieser Basis tut sich auch außerhalb der Arbeit einiges. An der Schule ist es
aber genauso wie im “richtigen Leben”in Shanghai: jedes Jahr gibt es viele Wechsel, d.h. Kollegen, gute Bekannte oder auch Freunde gehen, Neue kommen, was das Ganze spannend macht, manchmal aber auch
einfach schade und mühsam ist. So ist bei einem Leben im Ausland eben viel in Bewegung. In meiner Klasse waren nach den Sommerferien nur noch 5 der ursprünglichen Klassenbesetzung - nach nur zwei Jahren... .
Das soll als Überblick genügen. Fazit: Eine deutsche Schule bleibt auch in Shanghai eine deutsche Schule – aber eine besondere, so dass nicht
nur das Land China als solches mir neue, lohnende Erfahrungen bietet.
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