Nimen hao,
Weihnachten naht – ein guter Anlass, wieder etwas von uns hören zu lassen, bevor wir am Samstag zu einer größeren Reise aufbrechen werden: drei
Wochen Neuseeland stehen vor der Tür. Auch wenn wir beide das noch kaum glauben können, da wir noch ziemlich in die Arbeit eingebunden sind.
Hinter uns liegt ein langer, schöner Herbst mit vielen Sonnentagen, auch wenn es im Moment mal wieder regnet – das hat das Rundbrief-Schreiben wohl
so an sich... Erst seit wenigen Tagen ist es wirklich kühl und das Thermometer steigt kaum mehr über 10 Grad. Heute Morgen war erstmals die Scheibe von Sandras „Taxi“-Kollegen-Auto gefroren.
Ende Oktober war Reis-Ernte. Leider sind all die Felder hinter unserem Compound mittlerweile verschwunden und vor den Compound-Toren düsen Bau-LKW’s
hin und her (die wir aber bei uns zu Hause glücklicherweise nicht hören). Shanghai hat in diesen Tagen zur allgemeinen Überraschung die 20 Millionen-Einwohner-Grenze überschritten – d.h. in den letzten zwei
Jahren mal locker 3 – 4 Millionen zugelegt. Da verwundert es nicht, dass auch am Stadtrand neues Bau- und Gewerbeland gebraucht wird. Man muss nun schon etwas weiter aus der Stadt hinaus fahren, um wirkliches
Landleben zu erleben.
Bei der Masse an Leuten und steigendem Wohlstand nimmt leider auch der Verkehr kontinuierlich zu, was den Alltag deutlich anstrengender macht. Selbst fĂĽr
kurze Strecken ist schwer kalkulierbar, wie lange man braucht: 10 Minuten, 1 Stunde?
Neben dieser immer wieder erstaunlich raschen Entwicklung mit all ihren unangenehmen Nebeneffekten gibt es aber glĂĽcklicherweise auch noch die andere Seite.
So kann es einem derzeit passieren, dass man in einem Taxi oder Bus plötzlich ein Geräusch vernehmen kann, was eigentlich nicht so recht in diese motorisierte Umgebung passt: ein Zirpen. Es ist (jetzt schon fast
war) Grillenzeit, und so haben einige Fahrer ein Döschen mit einem dieser zirpenden Gesellen als Glücksbringer bei sich. Nähert man sich den Blumenmärkten, so ist das Zirpen um ein Vielfaches lauter, denn hier
werden die Grillen verkauft. Aber nicht nur die schöngemusterten als Glücksbringer. In viel größerem Umfang sind hier die kleineren aber besonders starken Artgenossen zu bekommen, denn es ist auch
Grillenkampfzeit. Mit viel Ausdauer wird die beste Grille ausgewählt, immer wieder mit einem kleinen Stecken gereizt, um zu prüfen, ob sie auch wirklich für den Kampf geeignet ist – und wir waren schon
überrascht zu sehen, dass so eine wütende Grille tatsächlich Eindruck schinden kann. Ist dann die Wahl getroffen, kann es losgehen. Zwei stolze Besitzer lassen ihre Grillen gegeneinander kämpfen. Zu sehen ist
dabei aber für uns Westler fast nichts. Denn obwohl schon einige Zeit chinaerprobt, schaffen wir es kaum, uns schnell genug um das kleine Schälchen zu drängen und einen Blick zu erhaschen. Der Grillenkampf ist
wirklich eine Wissenschaft für sich. An den Ständen mit all den zugehörigen Utensilien wird hingebungsvoll und höchst kritisch ein Steckchen nach dem anderen begutachtet, ob denn der Wollbüschel daran auch
wirklich gut ist. Mit diesen Wollbüscheln werden die Grillen wiederum in kleine hammerförmige Hebevorrichtungen geschoben, mit denen man sie aus ihrem Töpfchen in die „Arena“ (ein anderes Töpfchen...)
bewegen kann – und bei diesem Transfer darf natürlich ja nichts kaputt gehen... .
Neben solchen kleinen Freuden des Alltags hatte Sandra das GlĂĽck, Ende Oktober ein Wochenende im vier Stunden entfernten Moganshan, einer Berg (oder
vielleicht eher Hügel)region im Norden Hangzhous, verbringen zu können. Der Vorstand der Deutschen Schule hatte das Lehrerkollegium dazu eingeladen, als Dank für die geleistete Arbeit. Das sind die kleinen
Leckerchen an einer Privatschule. Bei herrlichem Wetter wanderten wir durch Bambuswälder und Reisfelder und bekamen einen Eindruck von der Vielfalt der Bambusverarbeitung.
Frieder dagegen bekam im November das „Leckerchen“ seiner ersten Geschäftsreise nach Deutschland. 5 Termine in 5 Städten – aber schön war es schon
und beruflich sehr interessant.
Ein bisschen weihnachtlich wird es auch hier bei uns im fernen China. Unsere Ayi schenkte uns völlig überraschend einen kleinen, künstlichen, aber
tatsächlich ganz niedlichen Tannenbaum, den ihr nächstes Jahr vielleicht in Deutschland bewundern könnt (hat ja auch nicht jeder, so einen bunt-glitzernden Tannenbaum aus dem fernen Osten, oder?). Dazu kommen
diverse Weihnachtsfeiern, Adventsbazar an der Schule...
Nett war in diesen Tagen auch die Verabschiedung eines deutschen Paddelkollegen: Nach dem sonntäglichen Training im Drachenboot gab es vom Gaskocher
Glühwein und Thüringer Bratwürste (ja, auch so etwas kann man mittlerweile in Shanghai bekommen – bzw. im Falle des Glühweines nach Geheimrezept selber brauen).
Das ständige Kommen und Gehen bleibt dementsprechend aber ein Thema hier, im Freundeskreis und auch in der Schule. Im Januar werden wieder vier neue
Kinder in Sandras Klasse kommen.
Ebenfalls Thema Kommen und Gehen: Vor wenigen Tagen hat Sandra das Angebot der Verlängerung ihres Arbeitsvertrages mit der Deutschen Schule abgelehnt.
Eine Entscheidung, die eigentlich schon einige Zeit fest stand, aber mit diesem Schritt war sie nun endgültig gefällt. So werden auch wir im Sommer gehen und erleben manche Dinge im Jahreslauf hier zum letzten
Mal. Bei aller Freude auf die Rückkehr ist jetzt schon auch Wehmut dabei – Shanghai ist schon ein besonderes Kaliber an Stadt und die Zeit in Asien war/ist ein wahres Erlebnis. Die Rückkehr beinhaltet auch etwas
Unsicherheit, wie alles im Sommer in Deutschland weitergehen wird. Sandra hat auf alle Fälle eine Stelle, aber bei Frieder ist vieles noch eher offen. Heute hatte seine Firma zusammen mit einem Kooperationspartner
wieder eine ganztägige englisch-chinesische (keuch... ;-)) Marketingveranstaltung, die zumindest – obwohl Marketing – mit Gewinn abgeschlossen werden konnte und immerhin 30 Unternehmen, darunter auch wieder
eine Reihe der wirklich Großen (zum Teil zum wiederholten Male :-D) anlockte. Der Einstieg eines zusätzlichen privaten Investors bei HRO, die damit feststehende Gründung von HRObjective International in Hongkong
sowie ein beständig leistungsfähigeres Partnernetzwerk lässt zumindest hoffen, dass sich das Ganze auch für ihn letztlich angemessen ausgeht – aber da bleibt viel zu tun.
In einem halben Jahr werden wir schlauer sein ;-).
So ein paar Neuigkeiten von uns. Nun heiĂźt es noch den Rucksack packen, und dann geht es bald los. Wir sind gespannt, wo genau wir dieses Jahr Weihnachten
verbringen werden. Wo auch immer – wir werden in der Ferne an Euch denken und wünschen Euch jetzt schon ein Frohes Fest und alles Gute im Neuen Jahr.
Zaijian
Eure
Sandra und Frieder
|